Yakfilter bloggt wieder...
Freitag, 15. April 2005
Wieder einmal ein kleiner Bericht

Nachdem ich jetzt vermehrt Anfragen bekommen habe, warum es keine neuen Berichte gibt, schreib ich wieder mal einen kurzen.
Das Problem ist, dass ich seit nun genau einem Monat an einem arbeite, an dem ich nicht weiterkomme, weil es eben doch auch anderes zu tun gibt. So hab ich heute mit der 3A (die Uni hier ist wie eine Schule organisiert und es gibt Klassen) in Textanalyse "Angriff aufs Schlaraffenland" von DIE RADIERER durchgemacht. Leider waren nur vier Studenten da, weshalb das anschliessende Absingen des Liedes diesmal etwas duenn ausfiel. Sei's drum.
Diese Woche hab ich mit dem Bus (wovon mir schon in Wien von offizieller Seite streng abgeraten wurde) einen Ausflug in die Naehe von Durres unternommen, wo es eine orthodoxe Klosterschule gibt. Ich war dort mit Sokol, der hier vor Jahren Theologie studiert hat und bei unserem Ausflug ganz melancholisch wurde. Er zeigte mir u.a. den Friedhof und das Grab, an dem die Hinterbliebenen des Verstorbenen immer eine Schachtel mit Tabak und eine Flasche Raki fuer den lieben Verblichenen hinterlassen haben, der bzw. die dann von den Klosterschuelern geraucht bzw. getrunken wurde. Das Kloster bzw. die Kirche war auf einem Huegel und beim anschliessenden Abendessen habe ich den Priester (ich bin mir nicht sicher, ob es ein Pope war) kennengelernt, der sich sehr ueber meinen Besuch gefreut hat und mir vorschlug, in sein Kloster einzutreten, was ich dann aber doch abgelehnt habe. Das Essen war im uebrigen sehr erstaunlich, weil albanisch und vegetarisch und ich hatte mir nicht gedacht, dass es sowas gibt. Hat mir aber sehr gut geschmeckt, gebratene Bohnen mit Dill. Die Bohnen hatten die Groesse einer menschlichen Niere.
Ich habe hier auch meine ersten albanischen Bunker photographiert. Zu Enver Hoxhas Zeiten bekam naemlich jeder dritte Albaner einen Bunker spendiert, die jetzt noch ueberall am Land an zum Teil strategisch sehr unguenstig gelegenen Stellen herumstehen. Sie ragen etwa ein bis zwei Meter aus der Erde und dienen heutezutage, da Albanien ja nun keine Feinde mehr hat, als Abstellkammern oder Komposthaufen.
Gestern war ich das erste Mal zum aktiven Fussballspielen und musste bemerken, dass mir die albanischen Zigaretten nicht gerade guttun. Naja. Lag auch ein bisschen daran, dass die Jungs, mit denen ich kickte, spielten, als ginge es ums Endspiel der Welmeisterschaft. In Zukunft werde ich zweimal pro Woche mit ihnen spielen, wodurch ich hoffentlich wieder zu Kondition finden werde.
Noch eine kleine Geschichte zum Abschluss dieses Kurzberichts: Sokol, dessen 93-jaehrige Grossmutter das Handwerk des Boesen-Blick-Austreibens beherrscht, hat mir die Geschichte seines Onkels erzaehlt, der keine Kinder bekommen konnte (und kann). Obwohl Sokol mehrmals bemerkte, dass das in fact ein health problem sei, war der Onkel da nicht so sicher und hat sich einen Imam, der die weisse Magie beherrscht, gecheckt und mit in sein Haus genommen. Der hat dann, dort angekommen, gleich auf eine Stelle an der Wand gedeutet und zu Sokols Onkel gesagt, er solle mit einem Hammer gegen diese Stelle hauen. Der Onkel tat's, die Mauer broeckelte und zum Vorschein kam ein kleines Flaeschchen, in dem sich Fingernaegel, Haare und ein Faden mit sieben Knoten befanden. Der Imam erklaerte dem Onkel, dass dadurch der (fruehere) Bewohner des Hauses zu Kinderlosigkeit verflucht worden sei, und dass er, der Imam, einen solchen Fluch eigentlich auch nicht zuruecknehmen koenne, da der Fluch aber nicht den Onkel betreffe, ginge es doch. Allerdings hat der Onkel immer noch keine Kinder, weil es in fact ein health problem ist. Die sieben Knoten in dem Faden dehnten den Fluch im uebrigen auf sieben Generationen aus. Ich habe Sokol gefragt, was fuer einen Sinn es macht, so etwas wie Kinderlosigkeit ueber sieben Generationen als Fluch zu verhaengen, worauf er mir sagte, dass das eine gute Frage waere. Erst meinte er, dass der Fluch ja durch die Toechter weitervererbt werden koenne, und Maedchen sind hier anscheinend keine Nachfahren, was, wie er einraeumte, die Sieben-Generationensache aber wieder ad absurdum fuehrt.
Ich werde in Zukunft wieder oefter und dafuer auch kuerzer berichten und nebenbei den ausstaendigen Bericht weiterschreiben (der aber auch nicht so lang sein wird. Ich werd dafuer ja auch nicht bezahlt)
Ueber Kommentare wuerde ich mich freuen, weil keine mehr gekommen sind, hab ich mir ein bisschen gedacht, dass das ohnehin kein Schwein interessiert und das war auch mit ein Grund fuer die lange Pause.
Anyway. Wieder einmal nette Gruesse aus dem netten Albanien
Mirupafshim
Yakfilter

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