Vom Zigeunermarkt und eine Geschichte aus dem Norden
Letzten Freitag war ich am Zigeunermarkt. Mit Xake. Ohne ihn hätt ich den nämlich nie gefunden, weil der neben der Ausfahrtsstraße Richtung Durres, Kruja und Rinas liegt und man, um dorthin zu gelangen, erst durch eine Häuserreihe gehen muß, die nicht gerade den Eindruck macht, als wäre dahinter ein Markt verborgen. Der Markt selbst ist sehr eng und hübsch, verkauft werden in erster Linie Kleidungsstücke und Schuhe, letztere hängen immer an ihren Schuhbändern auf Schnüren. Allerdings sind sie nicht paarweise aufgehängt, sondern einzeln. Ich hab mir schon vor Wochen neue Schuhe gekauft (die mittlerweile in den letzten Zügen liegen) und nachdem ich endlich einen in Schuhgröße 43 gefunden hatte, dauerte es noch ca. 20 Minuten, bis der Schuhverkäufer den zweiten Schuh in derselben Größe gefunden hatte, der war dann wirklich in der entgegengesetzten Ecke des Ladens.
Am Zigeunermarkt hab ich mir aber keine Schuhe mehr gekauft, dafür mehr Hemden, als realistischerweise in meinem Rucksack Platz haben werden. Der Vorteil wird allerdings sein, daß ich von hier keine Mitbringsel mitnehmen und daher doch ein bißchen Platz haben werde. Das ist nämlich ein weiterer Vorteil an einer Albanienreise: Es gibt hier wirklich nichts, was man mitbringen könnte, denn alles was es hier gibt, ist importiert. Raki und Koniak, werden die Leute sagen, aber da der österreichische Zoll nur je eine Flasche davon gestattet, wird dieses Mitbringsel wohl für mich selbst sein.
Egal. Zurück zum Zigeunermarkt, der in gewisser Hinsicht mit dem Naschmarkt zu vergleichen ist, allerdings ist das Tiraner Personal wesentlich weniger unverschämt, man muß auch nicht handeln, weil einem gleich der geforderte Preis gesagt wird, was natürlich geschäftstüchtig ist, weil man so einfach mehr Zeit hat, um einzukaufen und nicht wegen jeder Socke eine halbe Stunde Preisverhandlungen führen muß. Im Gegensatz zum Naschmarkt ist der Zigeunermarkt auch überdacht, wenn auch nur mit Plastikfolien. Es gibt mehr, allerdings nur in Hinsicht auf Kleidung, sonst gibt es nur ein paar Stände mit Spielzeug, Schminkkram und Sporttaschen.
Die Waren sind neu, es ist kein Flohmarkt in dem Sinn, wenn es auch auf den ersten Blick so aussieht. Ich hab ein paar Photos gemacht und dabei auch, ohne das wirklich beabsichtigt zu haben, einige Herren, die schon zu Mittag ausreichend Raki genossen hatten, abgelichtet, worauf sie wollten, daß ich einen von ihnen nochmal photographiere, was ich aber dann doch nicht gemacht habe, weil der das offensichtlich nicht wollte.
Nun zu etwas anderem: Eine Geschichte aus dem Norden, die mir Uk, der Englisch lehrende Dichter erzählt hat:
Ein Mann hatte hundert Schafe und ich glaub auch einen Bock, auf alle Fälle aber einen Hund. Der Mann hatte wenig Kontakt zu anderen Menschen, dafür war er der Natur sehr zugetan und Uk meinte auch, daß er verstehen konnte, was die Tiere sagen, wobei man anmerken muß, daß die folgende Geschichte dem widerspricht. Er lebte also nur mit seinen Schafen, dem Bock und dem Hund und hatte es sehr schön mit seinen Tieren. Doch wie das Leben eben nun mal so spielt, mußte er eines Tages sein Haus verlassen, um irgendwelche Dinge zu erledigen, auf irgendeine Behörde gehen oder sowas ähnliches. Jedenfalls mußte er sein Haus und seine Tiere für 48 Stunden allein lassen und sagte deshalb zum Hund, daß der auf die Schafe und natürlich den Bock aufpassen müsse, was der Hund zu tun bereit war.
Aber was für ein entsetzliches Bild bot sich dem Mann, als er von seinem Gang zurückkehrte.
Wenn man in Albanien Heu am Feld sammelt, so geschieht das zwar auf eine vergleichbare Weise wie mit unseren Heumandln, allerdings ist hier der Deminutiv völlig fehl am Platz, weil die Dinger ca. zehn bis zwanzig Meter hoch sind und das Heu der gesamten, jeweiligen Wiese tragen. Um es vor Regen zu schützen sind meistens Planen darübergedeckt, die allerdings einen nur mangelhaften Schutz darstellen, weil sie nie den ganzen Heuhaufen abdecken, sondern nur einen recht kleinen Teil. So wie auch das Käppi des Papstes, so es wieder einen geben wird, nur die Glatze desselben, nicht aber den ganzen Heiligen Vater vor beispielsweise Regen schützen kann. So wie ich es verstanden habe, ersetzen diese Gebilde den Heustadel und haben am Boden eine aufgeschüttete Schicht, aus was, hab ich nicht kapiert, aber die ist dazu da, das Heu vor der Bodenfeuchtigkeit zu schützen.
Der Mann kommt also nach 48 Stunden heim und was er sieht, ist, das auf seinem Pflock kein Heu hängt, sondern seine hundert toten Schafe nebst dem Bock. Sogar die Plane ist darübergezogen. Der Hund lebt noch und läuft schwanzwedelnd auf seinen Herrn zu, worauf dieser annimmt, der Hund habe erst die hundert Schafe getötet und sie dann zu so einem Gebilde gemacht und eigenhändig, soweit man dieses Wort auf einen Hund anwenden kann, die Plane aufgelegt. Er ist sehr zornig auf den Hund, der offensichtlich seine Schutzfunktion sehr unzureichend, um nicht zu sagen gegenteilig ausgefüllt hat. Darum tötet er den Hund und verjagt ihn hinterher (So wurde es mir erzählt!!). Er macht sich anschließend daran, die Schafe und natürlich auch den Bock von der Riesengarbe zu nehmen. Als er zum Boden kommt, zu der Schicht gegen die Feuchtigkeit, entdeckt er, darin eingegraben, einen toten Wolf, dem offensichtlich der Hund die Kehle durchgebissen hat. Er erkennt schnell wie sich die Dinge zugetragen haben: Erst hat der Wolf die Schafe und den Bock gerissen, dann wurde er vom Hund getötet, der seinerseits hinterher die Schafsgarbe errichtete, um so den Schaden möglichst gering zu halten. Der Mann bricht in Tränen aus und sucht den getöteten und verjagten Hund, findet ihn letztendlich und begräbt ihn mit allen erdenklichen Ehren und betet lange für die Seele des Hundes. Hinterher begeht der Mann Selbstmord.
Das Grab des Hundes gibt es heute noch und noch heute pilgern viele Menschen dorthin, um den Hund wie einen Heiligen zu verehren.
Uk hat mir auch noch manch andere Geschichte erzählt, vielleicht werden in diesen Berichten noch einige folgen.
Inzwischen alles Gute
Mirupafshim
Yakfilter
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